Obusbetrieb Eberswalde

Die erste Generation: die Kriegs- und Nachkriegszeit (1940 bis 1949)

Zum besseren Verständnis der Situation 1940 gehört ein kurzer Rückblick in die Vorgeschichte (etwa von 1934 an). Die zu der Zeit noch verkehrende eingleisige Straßenbahn vom Kleinbahnhof Eberswalde – West bis zum Abzweig der Saar- von der Freienwalder Straße (Abb.1) wurde bereits in den 1930er Jahren dem zunehmenden Autoverkehr zum Hindernis. Hinzu kam, dass die Ardelt-Werke Anfang dieses Jahrzehnts durch die Teilnahme am Bau des Schiffshebewerkes Niederfinow den Sprung zum Großbetrieb in der Stahlbaubranche schafften. Im Jahr 1936 wurden bereits ca. 8000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Für sie baute der Betrieb mit Krediten die Stadtrandsiedlung Ostend am anderen Ende der Stadt, sodass ein leistungsfähiger Nahverkehr zwischen dem Werk und den Wohnstätten der Arbeiter dringend nötig wurde. Das RAW als drittgrößter Betrieb der Stadt nach dem Walzwerk Finow, lag mit an dieser Strecke. Auch die Wehrmacht forderte eine Anbindung ihrer Artilleriekaserne an das Obusnetz.

Bild 1: Straßenbahn LINDNER/SIEMENS, ab 1910 in der Neuen Kreuzstraße (W. Günnel - Plauen)

Bild 1: Straßenbahn LINDNER/SIEMENS, ab 1910 in der Neuen Kreuzstraße (W. Günnel – Plauen)

Am 03. November 1940 wurde der Obusbetrieb mit fünf Wagen der Firma MAN/SCHUMANN in Werdau (Sachsen) (Abb. 2) aufgenommen. Erst 1941 wurden die drei restlichen bestellten Wagen sechs bis acht (es war bereits Krieg!) geliefert.

Bild 2: MAN/SCHUMANN-Obus, ab 1940 an der Endhaltestelle Artilleriekaserne (Archiv - VEB Fahrzeugwerk „Ernst Grube“ Werdau)

Bild 2: MAN/SCHUMANN-Obus, ab 1940 an der Endhaltestelle Artilleriekaserne (Archiv – VEB Fahrzeugwerk „Ernst Grube“ Werdau)

Im Jahr 1942 kamen von der Firma LINDNER (Ammendorf) sieben Anhänger (Abb. 3) dazu, sodass die Busse als Zug fuhren. Trotzdem wurden sie oft so voll, dass man sich während des Berufsverkehrs anstellen musste und erst mit dem zweiten Bus mitkam. An Zwischenhaltestellen war oft überhaupt kein Mitkommen möglich. Im Jahr 1943 wurden noch einmal zwei Obusse und zwei Anhänger geliefert. Vorher war aber schon im selben Jahr ein Obus der ersten Lieferung (Nr. 03) durch Kabelbrand so zerstört, dass er ausgemustert werden musste und von Ende 1943 bis April 1945 nun neun Anhängerzüge zur Verfügung standen.

Bild 3: Kriegseinheits (KE)-Obus ab 1942 mit LINDNER-Anhänger, ab 1945 am Markt (W. Schreiner - Leipzig)

Abb. 3: Kriegseinheits (KE)-Obus ab 1942 mit LINDNER-Anhänger, ab 1945 am Markt (W. Schreiner – Leipzig)

Betrieben wurde der Obusverkehr von November 1940 über das Kriegsende hinaus bis zum April 1951 von den Stadtwerken Eberswalde. Der Betriebshof war vom November 1940 über das Kriegsende bis zum Endtermin des hier zu betrachtenden Zeitraums (Oktober 1991) das ehemalige Straßenbahndepot an der Bergerstraße.
Noch vor Kriegsende wurden im geplanten Stadtteil Nordend der erste Wohnkomplex um die heutige Rosa-Luxemburg- und Käthe-Kollwitz-Straße fertig. Zu diesem Zeitpunkt hatte Eberswalde 48 000 Einwohner, mit Finow zusammen ca. 60 000. Wenn man diese Zahl mit der entsprechenden von 1900 vergleicht (ca. 16 000), wird der rasante Aufstieg, den die Stadt trotz zweier Weltkriege genommen hatte, deutlich.