Die zweite Generation: die Wiederaufnahme der Obusproduktion in Werdau (1951 bis 1958) nach Gründung der DDR
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Mit der Bildung volkseigener Betriebe wurde der MAN/SCHUMANN-Betrieb in Werdau zum Staatsbetrieb mit der Bezeichnung LOWA (Lokomotiv- und Waggonbau) umbenannt.
Zunächst wurde auch noch der vierte KE-Obus fertiggestellt und kam im Mai 1950 in Eberswalde zum Einsatz. Nach offenbar einer Versuchs- und Nullserie „W 600“ (W – Werdau) wurden u.a. für Eberswalde drei Serienfahrzeuge LOWA „W 601“ (Abb. 4) produziert, die ab Dezember 1951 den Obus-Fuhrpark auf sieben Stück erhöhten. Mit den gleichzeitig gelieferten drei Anhängern „W 700“ hatte jeder Bus auch einen Beiwagen. Empfänger dieser Fahrzeuge waren nicht mehr die Stadtwerke, sondern der VEB Verkehrsbetriebe Eberswalde.
Die Busse wurden mit den heute üblichen zwei Stromabnehmerstangen geliefert. Die vier KE-Busse mussten entsprechend umgerüstet und der Fahrdrahtabstand auf 50 cm verdoppelt werden, um eventuelles Zusammenschlagen der Stromstangen zu verhindern. Mit den sieben Obuszügen konnte der vor April 1945 übliche 10 min – Takt auf der Linie Westend-Ostend wieder aufgenommen werden. Den Anschluss zur Artilleriekaserne gab es ja nicht mehr, und auch der Anschluss nach Ostend war erst im Dezember 1952 wieder zweispurig.
Ab 1951 wurden nicht nur Trümmer beseitigt, sondern auch neue Häuser gebaut, was besonders in Nordend geschah. Für die dort einziehenden Bürger musste ein Busanschluss geschaffen werden. Da damals ein KOM noch Mangelware war, musste noch einmal improvisiert werden. So bauten 1950 die Stadtwerke aus dem Chassis eines LKW und der noch brauchbaren Karosserie des Obusses 01 einen KOM auf, der dann den Linienverkehr nach Nordend übernahm. Nicht zu Unrecht wurde er „Aktivist“ oder „Jumbo“ genannt, denn bei seinem Ausfall fiel auch die Linie aus. Nötige Reparaturen mussten nachts oder am Wochenende gemacht werden. Das dauerte drei Jahre bis zur Lieferung des ersten LOWA „W 602a“, einem 11 m–Obus, der am 5. April 1953 die elektrifizierte Strecke nach Nordend einweihte. Die Linienführung nach Nordend verlief damals noch von der Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße/Goethestraße über letztere zur Friedensbrücke, Straße der Jugend, Poratzstraße zur Wende Helene-Lange-Straße, zurück über die Käthe-Kollwitz-Straße. Dieser neue Obus konnte die Nordendstrecke solange nur am Wochenende befahren, weil die Generalüberholung des einzigen Busses des Jahrganges 1940 noch bis Mai 1954 dauerte. Er war dann noch einmal bis zum Januar 1959 im Einsatz. Da 1955 auch der „Vollgummispezialist“ ausfiel, blieb der „Aktivist“ noch bis 1956 im Einsatz, als er durch den zweiten „W 602a“ mit Anhänger „W 700“ (Abb. 5) abgelöst wurde. Die beiden „W 602a“-Obusse wurden im Januar 1959 ohne ihre Anhänger zur Typenbereinigung nach Berlin abgegeben.
Damit ist die Beschreibung des Wagenparks in der Anfangszeit der DDR (deutsche Obus-Produktion in Werdau/Sachsen bis zum Eintreffen der ersten tschechischen SKODA „8Tr“ im November 1958) abgeschlossen. Ihre wirtschaftlichen Merkmale: Mangel an Bau- und Ersatzteilen und unrealistische Vorgaben verhinderten immer wieder die Einhaltung vorgegebener Termine.
Was war typisch für den Fahrgast in jener Zeit? Es gab wenig Autos. Die Menschen waren viel mehr auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, die entsprechend immer gut gefüllt waren. Die sparsame Autoproduktion der DDR wurde absichtlich gefördert, um die heutigen Verstopfungen der Autobahnen und die Luftverschmutzung weit möglichst zu vermeiden.