VEB Walzwerk Finow (WWF)

Die Werkzeugfertigung und der Rationalisierungsmittelbau (RMB)

Zu den Abteilungen, die für die kontinuierliche, qualitative Produktion eine wichtige Rolle spielten, gehörten die Werkzeugfertigung, die aus der Walzendreherei hervorgegangen war und die Hauptmechanik mit dem Rationalisierungsmittelbau.

Mit der Errichtung des Rohrwerkes wurde deshalb auch eine leistungsfähige Hauptmechanik geschaffen. Ihr oblag die gesamte Instandhaltung im Betrieb. Entscheidendes Kriterium war die Verfügbarkeit der Anlagen, anders ausgedrückt, Vermeidung und Senkung der Stillstandszeiten.

Zum Zeitpunkt der Errichtung des Rohrwerkes existierten in der DDR keine Betriebe, die spezielle Ausrüstungen für den neuen Industriezweig lieferten. Auch mussten die Verschleiß- und Ersatzteile für die importierten Anlagen, die öfter Embargobestimmungen unterlagen, selbst gebaut und weiterentwickelt werden.

Die Zunahme hydraulischer Bauteile und deren Verknüpfung mit Elektrik und aufkommender Mikroelektronik erforderten neue Instandhaltungsmethoden, ermöglichten aber in enger Zusammenarbeit von Forschung, Entwicklung, Instandhaltung  und Produktionsabteilungen eine eigenständige Entwicklung der Fertigungsanlagen.

Im Eigenbau wurden Teile für die Beseitigung von Störquellen und die bessere Verkettung der vorhandenen Anlagen entwickelt und bei Generalreparaturen eingebaut. Daraus entwickelte sich der Rationalisierungsmittelbau, der durch Eigenherstellung von prozessspezifischen, prozess – und maschinengebundenen Anlagen ermöglichte, die Leistung der Maschinen wesentlich zu steigern und dabei gleichzeitig die Arbeitsbedingungen entscheidend zu verbessern, besonders durch Beseitigung körperlich schwerer Arbeit.

Ein Schwerpunkt war das Stapeln von Stahlleicht- und Rohrprofilen. Das Problem bestand darin, an einer kontinuierlich arbeitenden Profilieranlage oder Rohrschweißautomaten, mit hoher Geschwindigkeit austretende Stahlleicht- oder Rohrprofile nach vorgegebenem System in Bunden abzustapeln. Bei Patentrecherchen, Literaturstudium und Konsultationen mit Anlagenherstellern und Anlagenbetreibern des In- und Auslandes wurden lediglich Lösungsansätze gefunden, aber keine praxiswirksamen Ergebnisse.

Besonders stach der Einsatz von Industrierobotern vom Typ ZIM 60 an der Profiliermaschine Finow II im Jahre 1982 hervor. Eine Weltspitzenleistung, denn die Roboter mussten immer als Paar parallel zugreifen und nach wechselndem System ablegen. Die Roboter wurden vom Zentralinstitut für Mikroelektronik (ZIM) in Serie gefertigt, aber die speziellen Greifwerkzeuge und ihre Programmierung erfolgte im WWF.

Dafür wurden Profilieranlagen rekonstruiert, mit neuen Doppelhaspeln komplettiert und das Sägen durch Stanzen ersetzt.

Die Erweiterung der notwendigen Werkstätten wurde durch Umbau des vormaligen Kohlenbunkers des stillgelegten Generators geschaffen.

Im RMB wurde auch die Gerüstbrücke entwickelt und gebaut, die in der Stadt Eberswalde-Finow eingesetzt wurde.

Die breite Palette von Profilen und Rohren aus Kalt- oder Warmband erforderte eine Vielzahl von Rollen und Walzen, dazu Messer zum Längsteilen und Sägeblätter, für deren Fertigung 1968 eine eigene Halle errichtet wurde, um die Herstellung zu konzentrieren. Nur die großen Walzen für Stabstahl, Warmband sowie Kaltband wurden weiterhin in der jeweiligen Abteilung geschliffen, um Transporte einzusparen.

Die Anzahl der Formrollen für einen Werkzeugsatz – Gesamtheit für eine Abmessung – betrug je nach Kompliziertheit 15 bis über 100 Rollen. Etwa 500 Werkzeugsätze waren für die Erzeugnispalette erforderlich.

Alle Kalibrierungen, oft hervorgegangen aus Kundenwünschen, wurden im WWF erarbeitet. Die Fertigung erfolgte durch Sägen, Drehen, Runterziehen, Härten und verschiedene Schleifvorgänge. Die Oberflächenqualität konnte im Wesentlichen nur durch Schleifen erzielt werden, die Schleifkörper hierzu mussten mit Sonderabrichtvorrichtungen bearbeitet werden. Die Herstellungstoleranz betrug 0.07 bis 0,05 mm.

Allein für die benötigten Sägeblätter waren 7 Schleifautomaten dreischichtig im Einsatz. Insgesamt wirkten in der Werkzeugfertigung 70 Kollegen. Im Werkzeugbau waren ca. 24 Werktätige mit Herstellung von Ziehdornen, Matrizen und Lehren beschäftigt.

Ab 1986 wurden Formrollen für die Herstellung von Rohr- und Kastenprofilen mit neuen Schneidstoffen – Elbor R – auf CNC – Drehmaschinen gefertigt. Durch den Einsatz dieser Technik wurden wesentliche Produktivitätssteigerungen erzielt, indem die Arbeitsgänge Drehen und Schleifen in einem erfolgten. Durch eine gute Koordinierung der Arbeitsabläufe war es möglich, innerhalb kurzer Zeit die Herstellung eines Stahlleichtprofils oder Rohrs von der Entwicklung bis zur Produktion zu sichern und Anlagen  für neue Erzeugnisse umzurüsten.