VEB Walzwerk Finow (WWF)

Soziales – Kultur – Sport

Sozialeinrichtungen

Für die kulturelle und sportliche Betätigung und gesundheitliche Betreuung schuf das WWF vielfältige Voraussetzungen.

1953 wurde der Hüttengasthof renoviert und der Saal als Kulturhaus der Walzwerker genutzt.

Im Rundbau Mühlenstraße wurde 1956 ein Betriebsambulatorium mit Betriebs- und Zahnarzt sowie  Röntgenstation in Betrieb genommen, später mit Sauna erweitert.

Eine eigene Betriebszeitung „Der Walzwerker“ erschien seit 1957.

Ein Klubraum mit Fernsehtruhe wurde für die Walzwerker 1958 im  Lokal „Schley“ (Clubcasino) eingerichtet.

Anlässlich 20 Jahre WWF fand 4. Juni 1966 das Fest der Walzwerker am Wasserturm – eine große Freilichtveranstaltung – statt, bei der erstmalig Ehrenurkunden mit Prämie für langjährige Betriebszugehörigkeit verliehen wurden. Daraus entwickelten sich die Sozialistischen Betriebsfestspiele, die seit 1971 jährlich mit sportlichen Massenwettbewerben und Darstellung kultureller Aktivitäten einen Höhepunkt im Betriebsleben darstellten. Dafür wurden sowohl die Sportflächen ausgebaut wie auch der Sportlerclub.

Außerdem beteiligten sich Walzwerker an den Wohngebietsfesten Finow-Ost.

In Vorbereitung der X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten wurde ein altes Pumpenhaus zum Jugendklub umgebaut und am 1. Mai 1972 eingeweiht. Seit Dezember 1972 konnte im Traditionszimmer die Entwicklung des Betriebes verfolgt werden, welches 1985 erneuert wurde. Außerdem wurde begonnen, die Betriebsgeschichte zu veröffentlichen.

Wohnungen und Wohnumfeld

Finow hatte zum Glück im II. Weltkrieg keine Zerstörungen durch Kampfhandlungen erlitten. Allerdings wurden ca. 280 Wohnungen – Märkische Heide, Poststraße, Neuwerkstraße – durch die Besatzungstruppen genutzt.

Mit der Errichtung der Warmbandstraße war vorgesehen, Wohnungen zu bauen, weil auch Arbeitskräfte zugeführt werden mussten. Dafür wurde extra für den Transport der Ziegelsteine vom Kai an der Messingwerkbrücke eine Feldbahn über Altenhofer- und Mühlenstrasse zur Wolfswinkler Strasse gelegt.

Viele Walzwerker bezogen November/Dezember 1955 eine der 80 Neubauwohnungen in der Straße des Friedens/Wolfswinkler Straße.

Etwa zu dieser Zeit schlossen sich Kollegen im geförderten genossenschaftlichen Arbeiter – Wohnungsbau (AWG) zusammen. So entstanden die „Hufeisen“ an der  Fritz-Weineck-Straße in den Jahren 1954-1957.

Vor allem für zuziehende Arbeitskräfte, aber auch wohnungssuchende Finower Walzwerker wurden von1963 -1973 im Neubaugebiet Finow-Ost 412 Wohnungen zur Verfügung gestellt.

Die ersten Wohnungen in Großplattenbauweise in der Ringstraße (ab Nr. 14) wurden im Mai 1966 bezogen, dann kontinuierlich bis 1973.

Für eine fernbeheizte 2½ -Zimmerwohnung betrug die Miete 72.- Mark.

Seit 1971 hat das WWF in Abstimmung mit der Stadt Eberswalde-Finow, geregelt im Kommunalvertrag, zusätzlich 82 Reko -Wohnungen um- und ausgebaut, vor allem durch Ausbau von Dachgeschossen, außerdem Wolfswinkler Str. 5 mit 6 WE, Mühlenstr. 7/8 mit 7 WE,  Neubau dreier Häuser mit je 6 Wohnungen in der Wolfswinkler Straße 1978 mit anderen Betrieben. Insgesamt wurden 2,5 Mio M von 1972 bis 1988 für den Um- und Ausbau zusätzlichen Wohnraumes sowie 1,7 Mio M zum Erhalt und Instandsetzung für 116 betriebseigene Wohnungen aus betrieblichen Fonds eingesetzt.

Für das Arbeiterwohnheim Gelber Block mit 240 Plätzen stellte WWF jährlich 240 000 M zur Verfügung.

Eng verbunden mit dem Wohnungsbau vollbrachten Walzwerker Leistungen für das Wohnumfeld. So wurde am 8. März 1953 mit einem Großeinsatz bei der Enttrümmerung der Ruine am Großen Stern der Startschuss für das NAW (Nationale Aufbauwerk) in Finow gegeben.

Zur 1. Tierparkwoche im August 1972 wurde ausgewiesen, dass Walzwerker bis dahin für 700 000  Mark Leistungen zum Ausbau des Tierparks gebracht hatten.

Im 1971 erstmals abgeschlossenen Kommunalvertrag übernahmen Feierabendbrigaden des WWF den Bau von Gehwegen in der Brücken-, Mühlen- und Neuwerkstraße und die weitere Vorbereitung zur  Asphaltierung des kommunalen Ringes (Voraussetzung für Einrichtung der BUS- Stadtlinie bis zum Walzwerk).

Wichtige Leistungen übernahm das WWF beim Bau der Metallleichtbau – Sporthalle „Drushba“ in Westend. Grundsteinlegung 03.06.1972  – Einweihung 07.10. 1975. Sie war auch ein Demonstrationsbeispiel für die Möglichkeiten des Metallleichtbaus, für die das WWF wichtige Baumaterialien lieferte.

Im Rationalisierungsmittelbau wurde eine Gerüstbrücke entwickelt und im Dezember 1983 der Stadt zur Verfügung gestellt, um bei der Rekonstruktion den aufwändigen Gerüstbau effektiver zu gestalten.

Für die Goethetreppe wurde im Mai 1988 ein neues Geländer gefertigt.

Ferien – und Kinderbetreuung 

Im Juli 1951 fand das erste Kinderferienlager des Betriebes in Eichhorst statt.

1955 erholten sich 240 Kinder im Ferienlager bei Fährkrug.

1956 verlebten 117 Kinder frohe Ferientage im Zeltlager Ahlbeck an der Ostsee und 24 in Bad Saarow und 1962 war das Kinderferienlager in Heringsdorf.

Im Sommer 1962 begannen die Arbeiten am Aufbau einer Ferieneinrichtung am Zenssee bei Lychen.

Vor allem in Wochenendeinsätzen arbeiteten 1100 Kollegen 25 688 Stunden, davon 2064 Stunden durch Lehrer der Schulen von Finow, Finowfurt und Lichterfelde. 230 Stunden erbrachten Mitgliedern der Paten-LPG. 350 000 M stellte der Betrieb zur Verfügung.

Seit 1963 konnten 165 Kinder je Durchgang frohe Ferien am Zenssee verbringen, darunter etwa 200 Kinder aus dem Kreis Eberswalde, deren Eltern in anderen Betrieben arbeiteten.

In der Vor- und Nachsaison standen mindestens 75 Plätze für Familienurlaub zur Verfügung, seit dem Umbau 1973 konnten 10 Urlauber ganzjährig untergebracht werden.

Im Juli/August 1966 verbrachten die Walzwerker-Kinder durch Tausch der Ferienlager mit der Warnow-Werft die Ferien in Kühlungsborn.

Seit 1957 verfügte das WWF über ein Ferienheime in Ahlbeck an der Ostsee mit 41 Plätzen und seit 1970 in Steinbach/Erzgebirge mit 10 Plätzen, die ganzjährig genutzt werden konnten.

Des Weiteren konnten Campingfreunde 6 Hänger und einen Wohnwagen nutzen.

Seit 1973 verbrachten im Urlauberaustausch jährlich 100 Kollegen und 70 Kinder die Ferien in der CSSR bzw. der VR Polen.

Außerdem erhielt die BGL etwa 400 Ferienplätze vom FDGB-Feriendienst.

Allein von 1971-81 wurden 4,993 Millinonen Mark aus dem Leistungs- und S­ozialfonds für die Verbesserung der Urlaubsbetreuung zur Verfügung gestellt.

Kindergarten und Hort

Am 20. Dezember 1957 wurde ein betriebseigener Kindergartens mit 80 und ein Hort mit 60 Plätzen auf Betriebsgelände eingeweiht (später für Polytechnik genutzt).

Ein neuer Kindergarten mit 120 Plätzen und Hort wurde 1966 in den Steinbaracken am Westtor, ehemalige Wohnunterkunft für Bauarbeiter, und auf Kleines Berg eine Kindergrippe eingeweiht.

Es gab auch Kinderbetreuungsplätze in wohnortnahen kommunalen Einrichtungen.

Sport 

In einer FDJ-Sport­gruppe Finow, gegründet am 1. Oktober 1946, wurde zunächst Fuß- und Handball gespielt.

Aus ihr ging 1948 die „SG Eintracht Finow“ hervor, aus der dann später gemeinsam mit den Finowfurter und Lichterfelder Sportfreunden die ZBSG Finowtal entstand.

In der am 1. Mai 1950 gegründeten Betriebssportgemeinschaft (BSG) Stahl Finow gab es folgende Sektionen: Fußball, Handball, Tischtennis, Bo­xen, Ringen, Segeln und Schach.

Später kamen die Sektionen Kanu, Kegeln, Leichtathletik und Judo hinzu.

Die Mitgliederzahl stieg von Jahr zu Jahr. Im Jahre 1971 wurde die Tausender-Grenze überschritten. Im Jahr 1981 waren über 1300 Mitglieder aktiv.

Grundlegendes Anliegen war, Kinder und Jugendliche für den Sport zu gewinnen. Viele Talente fanden den Weg zur Kinder- und Ju­gendsportschule und von dort in Leistungszentren. Einige olympische Medaillengewinner und Weltmeister sind mit Finowkanal-Wasser getauft:

Peter Hempel – Weltmeister im K IV und

Uwe Madeja – Vizeweltmeister und Silberme­daillengewinner bei den Olympi­schen Spielen 1980 in Moskau. (Uwe Madeja startete 1980 bei der Olympiade 1980 in Moskau im CII gemeinsam mit Olaf Heukrodt (Zweier-Canadier).

1972 wurde als Kanustützpunkt der BSG auf dem Gelände des Messingwerk-Altwerks eine alte Fabrikhalle ausgebaut mit Turnhalle, Paddelbecken, Kraftraum, Dusch- und Waschräumen, einem Klubraum und Lagerräumen für die Boote. Im Betrieb wurden spezielle Geräte für den Kraftsport gebaut.

Nur hundert Meter entfernt entstand die Judohalle. Die alte Halle wurde auch für TT genutzt.

Am Werbellinsee (Wildau) wurde ein Trainingszentrum mit Übernachtungsräumen für Segler und Kanuten errichtet, das mehrtägige Trainingslehrgänge mit Übernachtung und Freizeitgestaltung gestattete.

Der Rathaussitzungssaal in Finow wurde zur repräsentativen Spielstätte für TT umgestaltet, die viele internationale Begegnungen und Erfolge miterlebte. 1983  errang Stahl Finow im TT sowohl den DDR-Meister-Titel als auch FDGB-Pokal.

Internationale Kontakte

Die internationalen Kontakte der Walzwerker waren sehr vielfältig. Es begann im Mai 1954 mit einem Erfahrungsaustausch mit sowjetischen Walzern, die an der Stabstahlstraße zu Gast weilten.

An den V. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Warschau, 31.7.-15. 8. 1955, nahm Günter Kirsten, Jugendbrigadier, teil.

Der Minister für Berg- und Hüttenindustrie der CSR Reitmayer besichtigte die neue Warmbandstraße und übergab die Einladung für eine Studiendelegation in das Hüttenwerk Vitkowicz, die im Mai eingelöst wurde. (Foto). 1956 erfolgte der erste Export von 100 t Bandstahl in die CSR.

Etwa zu dieser Zeit begann auch Export von Hufeisen, insbesondere von kleinformatigen Hufeisen nach Mittel- und Südamerika.

1959 fuhr die Komplexbrigade „Ernst Thälmann“ mit Ehegatten (106 Personen) nach Prag.

Im Jahr darauf besichtigten Kinder aus Irak, Schweden und der Mongolischen Volksrepublik – Teilnehmer des 1. Internationalen Sommerlagers in der Pionierrepublik – das WWF.

Eine Expertengruppe unter Leitung des Werkdirektors besuchte 1965 drei Wochen französische Betriebe der Metallurgie.

Am 1. Juni 1968 besuchte eine vietnamesische Delegation anlässlich des Abschlusses eines Exportvertrages für das unter dem Bombenterror der USA leidende Vietnam das WWF. WWF sagt eine Spezialbündelung zu, um das Ausladen per Hand in den zerstörten Häfen zu ermöglichen.

Vom 21. März 1968 bis 5. Oktober 1973 arbeiteten anfangs 30, später 40 meist jugendliche Ungarn im WWF. Einige heirateten und blieben in Finow.

Französische Gewerkschafter (CGT) vom Stahlwerk Pompey weilten im September 1969 eine Woche im WWF.

Auf der Messe Meister von Morgen (MMM) wurde erstmals ein gemeinsames Exponat Walzwerk-Jugendlicher und Komsomolzen einer Pateneinheit ausgestellt.

95 junge Algerier, die keine Erfahrungen mit industrieller Arbeit hatten, arbeiteten vom 23. Juli1975 bis 04. Juli 1979 in verschiedenen Abteilungen des WWF.

Im Oktober 1979 informierten sich französische Bürgermeister und Stadträte im WWF über die Rolle der Betriebe in der Kommunalpolitik.

Aus Vietnam waren ab Oktober 1980 77 Kollegen vier Jahre und 49 Kollegen sechs Jahre im WWF im Einsatz. Fast jeder von ihnen schickte einen Container persönlicher Waren nach Hause.

Von Februar 1987 bis Juni 1990 waren ca. 90 junge Mocambiquaner im Werk beschäftigt.

Bei der Realisierung von Rationalisierungsvorhaben gab es eine enge Zusammenarbeit und Austausch Monteuren mit der Werft in Stettin (Polen) und Hüttenkombinat von Nova Hutta (CSSR).

Autor: Kurt Berus

Vita von Kurt Berus