VEB Walzwerk Finow (WWF)

VEB WWF als Betrieb der II. metallurgischen Verarbeitungsstufe (1966 – 1989)

Um der Verantwortung für den schnell wachsenden Bedarf nachzukommen, wurde sofort mit der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Anlagen begonnen und weitere Investitionen wurden in Angriff genommen.
Auf einer Kundenkonferenz im Dezember 1965 wurde viel Kritik an der Qualität der Rohre geübt. Zur Abstellung der Mängel wurde am 1. Juni 1966 eine Arbeitsgruppe „Zur Verbesserung und Stabilisierung der Produktion im Präzirohrwerk“ unter Leitung von Erhard Rennert, bisher Werkleiter im VEB Blechwalzwerk Olbernhau, von der VVB eingesetzt und erfahrene Kollegen von Stabstahl– und Warmbandstraße übernehmen Arbeitsplätze im Rohrwerk.
Der Ministerratsbeschluss „über die Erweiterung der Profilierung zur Erhöhung der Produkti-on von SLF als strukturbestimmendes Erzeugnis“ vom 9. Februar 1967 war  Startschuss für den Ausbau der Profilierung und die Einrichtung einer zentralen Werkzeugfertigung. Schon am 21.Juni 1968 gingen die neuen Profilieranlagen in Betrieb und im Oktober 1969 folgt das Komplexe Automatisierungsvorhaben Rohrwerk. In dieser Zeit löste die sich andeutende Umstellung der VW von extensiver zu intensiver Erweiterung der Produktion eine heftige Diskussion aus, denn sie stellte die Tonnenideologie, die den Walzwerkern viel Beifall bei Stabstahl und Warmband eingebracht hatte, in Frage. Grundsätzlich rückten jetzt solche Aufgaben in den  Mittelpunkt:
Mehr veredeln – höherfeste Stähle einsetzen – Metergewicht reduzieren → neue Erzeugnisse.
Gleichzeitig wurde  Qualitätsarbeit stärker im Lohn berücksichtigt.
Mit der Bildung der Abteilung Organisation und Rechentechnik (ORT) begann ab 1967 die Vorbereitung der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung, die mit dem Einsatz des Großrechners „Minsk 32“ 1970 neue Wege der Rationalisierung eröffnete.
Das Vorhaben von 1959, die Warmbandstraße durch Rekonstruktion auf die doppelte Kapazität – von 90 KT auf 180 KT im Jahr – zu erhöhen, wurde eingestellt, dafür ab 1970 schrittweise Warmband in Großbunden (Coils) aus der Sowjetunion eingesetzt, wodurch Arbeitsgänge im Rohrwerk und Profilierung eingespart und die Materialökonomie verbesserte werden konnte.
Mit dem Umbau der Rohrschweißautomaten 1973/74 vom Nieder- auf Hochfrequenzschweißen erhöhte sich die Qualität, insbesondere die Dichtheit der Naht. Der 1981 erfolgte Einbau der radioaktiven Banddickenmessung an der Kaltwalzanlage (Tandem) schuf höhere Sicherheit des Genauwalzens (Einhaltung der Minustoleranz). Allerdings hatte die Kaltwalzanlage mit 57 KT Jahresleistung seine Kapazität erreicht, so dass gebeiztes Kaltband vom EKO in wachsendem Umfang zum Einsatz kam.
So konnte dann die störanfällige Strahlentzunderung abgerissen und die Kapazität der Stumpfschweißanlagen vermindert werden.
Der Einsatz von Erdgas im Stadtgas, das dadurch erhöhte Angebot, ermöglichte die Umstellung von Generator- auf Stadtgas. Begonnen wurde 1976 an der Stabstahlstraße. 1979 folgten die Bund- und Rohrglühöfen im Rohrwerk. An der Warmbandstraße wurde dafür 1982 der alte Stoßofen durch einen neuen ersetzt, in dem auch die im WWF entwickelten „Keramische Gleitschienen für Knüppel-, Platinen- und Brammenstoßöfen“ eingebaut wurden, wodurch u.a. der Gasverbrauch pro Tonne Stahl von 183 auf 170,4 m³ gesenkt werden konnte. Durch diese Umstellung konnten beide Generatorenanlagen stillgelegt, schwere körperliche Arbeit eingespart und die Umweltbelastung gemindert werden, außerdem wurden Arbeitskräfte für andere Tätigkeiten freigesetzt. Im ehemaligen Kohlenbunker wurden zusätz-liche Werkstätten für den Ratiomittelbau eingerichtet.
1982 wurde bei der Produktion von Rohren und Rohrprofilen die 100 000 t –Grenze überschritten.
Der Umfang der Warenproduktion des WWF hatte eine Milliarde Mark überschritten.
Seit dem 2. Januar 1983  übernahmen Roboter vom Typ ZIM 60 im dreischichtigen Einsatz an der Profiliermaschine „Finow 2″ das Stapeln von U-Profilen. Dadurch war es möglich, große U-Profile von 12 m Länge zu liefern, wie sie von Bahn und Bauwesen gefordert wurden. Der Betrieb betrat absolutes Neuland, da keinerlei Vergleiche oder Erfahrungen vorlagen. Technische Lösungen wie Synchronlauf, Drehen der Profile usw. waren  patentrechtlich geschützt und stellten besondere wissenschaftliche Leistungen dar.
Kundenwünsche bei Rohren, aber ganz speziell bei Profilen, wie Konfektionierung, eingeengte Toleranzen, Sonderwünschen wie Lochungen, Zuschnitte, Konservierung, Beschichtung führten zu erhöhten Anforderungen an die Forschung und Entwicklung. Sie konnten nur im Zusammenwirken mit dem eigenen Rationalisierungsmittelbau und der Werkzeugfertigung kurzfristig realisiert werden.
1984 erfolgte die Produktionsaufnahme dünnwandiger Rohre für Staubsauger und Luftpumpen.
Im Oktober 1985 begann der Einsatz rechnergestützter Bildschirmgeräte im Absatz, danach im Transport und Umschlag.

WWF_Erzeugnisse-am-1.-Mai-auf-LKWa

Erzeugnisse-am-1.-Mai-auf-LKW